Bücher von Karl Heim
Karl Heim lebte von 1874 – 1958. Lange Zeit wirkte er als Theologieprofessor in Tübingen. Ihm war es ein Anliegen, in der Auseinandersetzung mit Philosophie und Naturwissenschaft die zentralen Aussagen des christlichen Glaubens zu formulieren. Er wollte deutlich machen, dass Glaube durchaus nicht unwissenschaftlich und denkunmöglich ist. Seine Gedanken (besonders im ersten Band seines Hauptwerks, „Glaube und Denken“) sind zweifellos anspruchsvoll, aber es lohnt sich unbedingt, sie mitzudenken. Mir haben diese Bücher sehr geholfen.
Sein sechsbändiges Hauptwerk hat den Titel:
Der evangelische Glaube und das Denken der Gegenwart
Hier meine Zusammenfassung dieser Bände, sowie von zwei weiteren seiner Bücher.
Der christliche Glaube und die Naturwissenschaft
Die Wandlung im naturwissenschaftlichen Weltbild
Band 1: Glaube und Denken
Einführung
Heim kämpfte gegen eine „doppelte Buchführung“ – gegen eine Trennung von Glauben und Denken. Sein Ziel war eine Gesamtschau der Wirklichkeit, die dem wissenschaftlichen Erkennen und dem aus der biblischen Offenbarung erschlossenen Wissen einen zwar jeweils eigenständigen, aber doch aufeinander bezogenen Sinnraum zuweist.
Ihm ging es um die Überwindung der Alleinherrschaft und Vergötzung des gegenständlichen Weltbilds des Wissenschaftsglaubens. Das gegenständlich-wissenschaftliche Denken hat seinen eigenständigen Sinnraum, aber seinen Totalitätsanspruch muss man zurückweisen.
Er formulierte ein dynamisches Weltbild: Alles Wirkliche ist Werden durch Entscheidung. Dieses dynamische Weltbild zeigt die Zeit so, dass die Vergangenheit die Es-Welt darstellt, in der sich das Erstarrte und Unabänderliche manifestiert. Gegenwart ist feuerflüssiges Werden, resultierend aus Willensentscheidungen. Zukunft bleibt ein dimensional eigenständiger Raum, der gegenüber Vergangenheit und Gegenwart offen bleibt.
Das Unterscheiden von sichtbarer und unsichtbarer, von gegenständlich-feststellbarer und unanschaulich-unobjektivierbarer Wirklichkeit hat hinweisenden, auch auf Gott hinweisenden Charakter.
Einleitung
Für „Monisten“ gibt es nur die diesseitige Wirklichkeit. Echter Gottesglaube dagegen erkennt, dass Gott nicht diesseitig ist, sondern die diesseitige Wirklichkeit überhaupt erst gesetzt hat und im Dasein erhält.
Der dialektische Materialismus behauptet, das Bewusstsein und das Denken sei ein Produkt der Materie. Damit ignoriert er, was schon im Idealismus Kants und Fichtes erkannt wurde: das eigentliche Problem der Philosophie ist das Ich, das nicht objektivierbar ist. Wir können es uns nicht als Gegenstand gegenüberstellen. Unser Ich können wir uns nicht vorstellen, wir können es nur sein. Die vom Materialismus übersehene Frage ist: Wie kommt unser völlig unobjektivierbares, außerhalb der ganzen Welt stehendes Ich überhaupt zu einer Beziehung zur gegenständlichen Welt, und was ist diese Beziehung?
Bei Kant sind Raum und Zeit „Anschauungsformen“. Darauf baut Heim auf mit seiner Philosophie der Räume
I Die Aufgabe
Seit Kopernikus ist die Welt kein abgeschlossenes Gehäuse mehr, sondern das „Diesseits“ ist unendlich ausgedehnt. Die christl. Theologie hat es versäumt, darzulegen, was mit der „Jenseitigkeit“ Gottes gemeint sein kann.
Gionardo Bruno erkannte als erster die Unendlichkeit des Diesseits, weltanschauliche Konsequenz für ihn war der Pantheismus, dafür nahm er den Tod durch Verbranntwerden auf sich. Auch für Nietzsche starb Gott an Raumnot, an der Unvorstellbarkeit eines Jenseits. Vor ihm verneinte schon Fichte aus diesem Grund den Glauben an einen Schöpfergott.
Heim zeigt, dass es nicht nur „inhaltliche Räume“ gibt, die aneinander grenzen und einander ausschließen, sondern auch „dimensionale Räume“, die unendlich ausgedehnt sein und sich gegenseitig durchdringen können. Beispiel: zwei Ebenen im Raum. Eine Unendlichkeit kann auch Bestandteil einer anderen sein, zum Beispiel eine Gerade in einer Ebene. Entsprechend muss das wollende und erkennende Ich (Subjekt) abgegrenzt werden von der grenzenlosen Gegenstandswelt.
„Wir sind nicht imstande, fragend aus der Urbeziehung herauszutreten, in die wir eingeschlossen sind. Weil alles, was wir wahrnehmen, vorstellen, denken und fragen, die Urbeziehung zwischen Ich und Gegenstand, Denker und Gedachtem immer schon enthält, ist alles Gegenständliche immer nur gegeben als der eine Pol einer Urbeziehung, deren anderer Pol ein anschauendes und denkendes Ich ist. Diese beiden Pole sind unauflöslich miteinander verbunden. Dahinter können wir nicht denkend zurückgehen, und nicht über sie hinaus fragen. Die Welt ist uns so gegeben, dass es kein Es gibt, dem nicht ein Ich gegenüber steht, und kein Ich, das sich nicht von einem Du und einem Es abgrenzt.“
II Die gemeinsame Struktur aller innerweltlichen Transzendenzverhältnisse
Wenn sich zwei unendliche Ebenen schneiden und durchdringen, grenzen sie sich dabei nicht inhaltlich voneinander ab (sie be-grenzen sich nicht), aber dennoch grenzen sie sich voneinander ab: dimensionale Grenze.
Dimensionales Verhältnis: Der Unterschied zwischen 2 in sich geschlossenen und in sich unendlichen Mannigfaltigkeiten.
„An den Sinn der Urworte Ich und Du konnte man denkend gar nicht herankommen, solange man sich nur Wirklichkeiten vorstellen konnte, die einander in einem gegenständlichen Raum begrenzen.“
„Ein Raum ist jedes in sich unbegrenzte Kontinuum, innerhalb dessen nach einem in der Struktur desselben enthaltenen Ordnungsprinzip inhaltliche Unterscheidungen vorgenommen werden. Dieses unabschließbare Ganze kann dann von einer anderen, ebenfalls in sich unendlichen Sphäre dimensional unterschieden werden.“
Ein Beispiel ist eine Ebene im Raum: eine Unendlichkeit ist Teil einer anderen Unendlichkeit: Dimensionales Ineinander / dimensionale Subordination.
Im Unterschied dazu: 2 Ebenen (also gleich viele Dimensionen): dimensionales Nebeneinander.
„Erkennen im Sinne von ’sich eines Gegenstandes bewusst sein‘ ist genau so ein undefinierbares Urwort wie Wirklichkeit oder Sein. Wir wissen zwar aus dem unmittelbaren Erleben heraus darüber Bescheid, können es aber nicht definieren.“
Erkenntnis eines neuen (dimensionalen Raums) ist vergleichbar der Entdeckung eines bisher nur in der Fläche lebenden Wesens, dass es einen 3-dimensionalen Raum gibt.
„Mein raumzeitliches Verständnis der Wirklichkeit weist nur darauf hin, dass mir diese Anschauungsform eingepflanzt, dass mir für diese Dimensionen „Erkenntnisorgane“ gegeben sind. Es ist aber unzulässig, daraus den Schluss zu ziehen, dass diese Anschauungsformen ein vollständiges, umfassendes Bild der Wirklichkeit bieten.“
Fazit: schon in der innerweltlichen Erfahrung gibt es eine Grenze, die Unendlichkeiten voneinander scheidet (innerweltliche Transzendenz).
„Die Jenseitigkeit Gottes muss noch etwas total anderes sein als diese innerweltliche Transzendenz. Denn wenn Gott der Schöpfer ist, sind alle innerweltlichen Räume durch ihn gesetzt. Er steht als der Unerschaffene jenseits von ihnen. Darum sind die innerweltlichen Transzendenzverhältnisse nur unzugängliche Gleichnisse und Symbole für die Jenseitigkeit des Schöpfers.
Die Ich-Du-Es-Welt, in die wir hineingestellt sind als in ein unzerlegbares Ganzes, ist von 2 Grenzlinien durchzogen. Die eine grenzt das Ich gegen das Du ab. Ich werde durch das Dasein des Anderen begrenzt. Du stehst mir als der Andere gegenüber. Die andere Grenzlinie grenzt mich von der gegenständlichen Welt ab. Die objektive Welt steht mir gegenüber als Gegenstand meiner Erkenntnis und meines Wollens. Mich selbst unterscheide ich von allem, was als körperlicher Gegenstand oder seelisches Phänomen objektivierbar ist, also auch von meinem Körper, meinen Empfindungen und Gedanken. Ich selbst bin das Unobjektivierbare, das, was mir zu nahe steht, als dass ich es mir noch gegenüberstellen und analysieren könnte. Über mich und mein Dasein weiß ich auf eine völlig andere und unmittelbarere Weise Bescheid als über alles, was objektivierbar ist. Mich selbst kann ich nicht mehr sehen, ich selbst kann ich nur sein.“
Zum Wesen der Ich-Du-Es-Welt gehören 4 Beziehungen:
1 Ich verhalte mich zu meiner Gegenstandswelt
2 Du verhältst dich zu deiner Gegenstandswelt (analog 1, daher nicht weiter betrachtet)
3 Ich verhalte mich zu dir
4 Meine Gegenstandswelt verhält sich zu deiner Gegenstandswelt
III Meine Gegenstandswelt und deine Gegenstandswelt
Es gehört zur Struktur jeder Gegenstandswelt, dass sie eine perspektivische Mitte hat, also von einem Standpunkt aus gesehen wird. Daher kommt es bei der Begegnung mit einem Du zu einer Spannung: es gibt dann zwei Standpunkte, von denen aus die Welt gesehen wird, und zwar verschieden gesehen wird.
„Das Bewusstsein weiß das objektive Bild vom Objekt selbst zu unterscheiden, es weiß auch um seine Bezogenheit auf das Objekt. Das Bewusstsein der Inadäquatheit des Bildes gegenüber dem Gegenstand ist ein „Wissen des Nichtwissens“ (nach Sokrates). Im Wesen der Erkenntnis liegt eine Antinomie: Das erkennende Subjekt bleibt in sich gefangen. Alles, was erkennbar wird, ist mir als mein Bewusstseinsinhalt gegeben, und doch weiß ich auf eine rätselhafte Weise: Das, was alle Objekterkenntnis meint, ist noch etwas anderes als alles, was Bewusstseinsinhalt werden kann.
Objektivität und Subjektivität lassen sich nicht inhaltlich unterscheiden. Die ganze Erscheinungswelt, die mir gegeben ist, ist subjektiv, da sich die Bezogenheit auf das Subjekt nicht aus ihr herausnehmen lässt. Und doch ist meine Erfahrungswelt als Ganzes immer auf die allen Bewusstseinswelten gemeinsame Einheit gerichtet, also objektiv.
Die Welt, wie ich sie sehe, und wie du sie erlebst, sind einander dimensional koordiniert wie 2 verschieden gerichtete Geraden, die in einer Ebene liegen. Aber diese Koordination ist nur möglich, weil es einen umfassenderen, übergreifenden Raum geben muss, dessen Teile sie sind. Diesen umfassenden Raum können wir uns nicht mehr anschaulich vorstellen.“
IV Ich und Es
„Das Ich (das Selbst) unterscheidet sich von allem, was objektiviert werden kann, als das Nichtobjektivierbare. Ich kann mich mir selbst niemals gegenüberstellen. Das Subjekt ist selbst kein Teil der Welt. Es steht der Welt, an die es gebunden ist und ohne die es nicht sein kann, als ein ewig Verborgenes gegenüber.
Was uns gegenständlich gegenübertritt, ist nicht die Welt im Zustand des Werdens, sondern immer erst das Gewordene.“
Kant und Fichte meinten, das Ich existiere außerhalb der Zeit. Doch zum Wesen des Ich gehört die Präsenz, das Werden, das Noch-nicht-Entschieden-Sein. Insofern ist das Ich zeitlich.
„Es gibt nur zwei Zustände, zwischen denen ein ständiger Übergang erfolgt, den unentschiedenen Zustand des Werdens, und den entschiedenen Zustand des Gewordenseins. Die Gegenstandswelt ist die Welt im Zustand des Gewordenseins. Dagegen stehen wir selbst als Subjekte im Präsenz-Zustand der Entscheidung. Das Ich-Es-Verhältnis ist die Beziehung, in der dem Präsenz-Zustand der Welt in der Rückschau der Zustand des Gewordenseins gegenüber tritt.“
Gleichzeitig sind dies 2 Räume:
a) Der Raum des Nicht-Gegenständlichen, des Wollens, der noch nicht zur Objektivierung gelangten Möglichkeiten und Kräfte. In ihm ist alles noch gegenstands- und quantitätslos, nicht mess- oder analysierbar. Die Beziehungen zwischen den Gegenständen dieses Raumes sind in gegenständlicher Sprache immer nur indirekt ausdrückbar, in Bildern, deren Uneigentlichkeit wir empfinden.
b) Der Raum des Gegenständlichen.
Meine Bewusstseinswelt ist der übergreifende Raum, der diese beiden Räume umfasst. Es ist aber nicht so, dass das Gewordene keine Gegenwartsbedeutung mehr hätte. Dies zeigt sich am Deutlichsten im Schuldbewusstsein.
V Ich und Du
Martin Buber: „Wo Es (Etwas) ist, ist anderes Etwas, jedes Es grenzt an anderes Es. Wo aber Du gesprochen wird, ist kein Etwas. Du grenzt nicht. Wer Du spricht, hat kein Etwas, hat nichts. Aber er steht in der Beziehung“. „Den Menschen, zu dem ich Du sage, erfahre ich nicht. Erst wenn ich aus der Beziehung zu ihm heraustrete, erfahre ich ihn wieder. Erfahrung ist Du-Ferne…. Ich werde am Du, ich werdend spreche ich Du. Alles wirkliche Leben ist Begegnung“. Die Ich-Du-Beziehung ist gekennzeichnet durch die Spannung zwischen 2 Stellen, die beide beanspruchen, die Mitte des Ganzen zu sein. Es ist das Stehen in diesem ungelösten Entweder-oder. „Ein Du ist ein nicht-Ich, das ein Ich ist“. Neben wissenschaftlichen Aussagen, die gegenständliche Beobachtungen ausdrücken, können wir auch Existenzaussagen machen, wie „ich bin“ oder „ich stehe in einer Beziehung“. In der Ich-Du-Beziehung geht es um diese Existenzaussagen.
Jeder ist in der in sich unendlichen Welt, deren perspektivische Mitte er ist, mit sich selbst allein. Ich kann nicht in dich hinein sehen und du nicht in mich.
Nur weil die Beziehung zwischen Ich und Du keine inhaltliche, sondern eine dimensionale ist, kann ein anderes Ich von einem Menschen Besitz ergreifen und aus ihm heraus reden und handeln (Besessenheit, oder Erfüllung mit dem Heiligen Geist).
Die dimensionale Einheit zwischen Ich und Du besteht darin, dass wir beide auf diese eine Stelle Anspruch erheben, von der aus alles Andere als Nicht-Ich erscheint.
„Echte Begegnung zwischen mir und dem Anderen besteht immer darin, dass ich der ungelösten Spannung nicht ausweiche, die darin liegt, dass ich einerseits nicht aufhören kann, ich selbst zu sein, und dass ich doch andererseits mich verlieren und aufgeben muss, wenn ich in dem anderen mein Du gefunden habe.
Ich und Du sind als koordinierte Teilräume dem übergreifenden Gegenwartsraum untergeordnet, innerhalb dessen sie miteinander in Beziehung treten.
Aktiv (Aktion) und passiv (Passion) sind 2 Arten, wie das Werden zustande kommt. Daher ist dieser Unterschied im Zustand des Gewordenseins nicht mehr sichtbar. Wenn man eine Handlung von außen beobachtet, kann man nicht sehen, ob sie von dem Betreffenden autonom oder unter einem dämonischen Zwang oder in göttlicher Kraft und Inspiration ausgeführt wurde.
Die Begegnung zwischen mir und einem Anderen besteht darin, dass mir auf eine nicht näher erklärbare Weise klar wird, dass ein Werden, das in meinem Erlebnisraum eine Aktion ist, im Raum des anderen eine Passion ist und umgekehrt. Ich spüre dich als Gegenwillen, mit dem ich mich auseinandersetzen muss, und weiß, dass du mich als deinen Gegenwillen erlebst.
Das Wort begegnet mir in doppelter Weise:
1) In der Es-Welt als das gehörte oder gelesene Wort, das ist ein Es, ein Erstarrungsprodukt
2) Im Rahmen der ich-du-Beziehung als der lebendige Akt des Sprechens, in dem das Wort erst wird. Dieser Akt richtet sich auf mich: ich werde von dir angesprochen. Die Begegnung besteht darin, dass ich weiß: Das, was in meinem Bewusstseinsraum eine Passion ist, ist im Raum des Anderen eine Aktion, und umgekehrt. Das geschieht aber nicht, wenn Informationen ausgetauscht werden, sondern ich bin nur dann vom anderen angesprochen, wenn er sich mir als bewusster Wille kundgibt, der ein Ziel hat, mich zu etwas auffordert.
Die Erkenntnisweise der Du-Beziehung ist dimensional: Du bist mir durch kein Teleskop oder Mikroskop erreichbar. Du bist für mein Bewusstsein transzendent. Dennoch weiß ich um dich.
Schlussergebnis der Untersuchung der innerweltlichen Transzendenzverhältnisse
Der Alleinherrschaft des Gegenständlichen im Materialismus kann nur so begegnet werden, dass der ganze Raum des Gegenständlichen als der Raum des Gewordenseins erkannt wird. Dann kann vom gegenständlichen Weltzustand, ohne seine Bedeutung für unsere Welterkenntnis anzutasten, ein anderer Gesamtzustand unterschieden werden, der noch diesseits aller Objektivation und Lokalisierungsmöglichkeit steht. Damit ist die Alleinherrschaft der Objektivität gebrochen und Raum für ein neues Wirklichkeitsverständnis geschaffen, in dem wenigstens die Möglichkeit besteht, eine Aussage, die ein Ich über die Welt macht, ernst zu nehmen.
Das dynamische Weltbild besagt: ich sehe in mir und vor mir kein ruhendes Sein, das durch sich selbst da ist und durch sich selbst weiterbestehen kann. Die Wirklichkeit besteht nicht mehr aus ruhenden Gebilden, die Beziehungen eingehen, sondern aus einem Akt des Übergangs, in dem alles, was ist, immer aufs neue wird. Auch alle dauernden Gebilde, mit denen wir es zu tun haben, sind in den großen Werdeprozess hineingezogen. Jede Erhaltung ist demnach kontinuierliche Neuschöpfung. Der Eindruck, die Welt, die uns umgibt, sei ein ruhendes Sein, ist eine Täuschung. So erscheint sie uns nur, weil wir sie immer nur rückschauend in dem Zustand wahrnehmen, in dem sie nicht mehr zu ändern ist, als stillstehende Vergangenheit. Die Welt, die wir erleben, ruht nicht, sondern ist eine Aktion, eine einzige allumfassende Entscheidung, in der die unübersehbare Fülle der Einzelentscheidungen, auch unser kleines persönliches Wollen, zu einer ungeheuren Gesamtwirkung zusammengefasst ist. In der dynamischen Weltauffassung wird die Wirklichkeit nicht als Sein, sondern als Akt erlebt. Was das Erkennen objektiv vor sich sieht, ist nicht der Akt selbst, sondern nur sein abgeschlossenes, sekundäres Ergebnis. Die primäre Wirklichkeit, in der wir selbst mit unserer ganzen Existenz stehen, ist ganz und gar Dynamik und lebendige Aktion.“
Die Jenseitigkeit Gottes
Gott ist in jedem Weltinhalt so da, dass er jenseits dieses Inhalts bleibt als der, der ihn in jedem Augenblick setzt und in seiner Gewalt hat. Alles Sein, das wir kennen, steht unter einem Entweder-Oder, z.B. in der Ich-Du-Beziehung: Ich bin der Mittelpunkt, oder du. All diese Entweder-Oder, die unser Sein prägen, sind im Sein Gottes nicht da.
Alle innerweltlichen Verhältnisse sind polar: Z.B. komme ich auf der Zeitstrecke nie zu einem Ende: Jeder Zeitpunkt, den ich als Endpunkt nehmen will, ist immer zugleich der Anfang eines neuen Zeitabschnittes, der mit ihm beginnt. Die drei Elemente des Zeitstroms – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – bedingen sich gegenseitig. Sie können nur zusammen da sein, so wie positive und negative Elektrizität nur zusammen da sein können. Wir können von uns aus auf die Frage nach dem Warum und Wozu unseres ganzen Daseins aus eigener Kraft keine Antwort finden, bei der wir zur Ruhe kommen könnten. Denn alles, was wir als Antwort annehmen, ist wieder durch anderes bedingt.
Die Polarität ist das Grundstrukturgesetz des Diesseits: alles, was ist, ist durch etwas anderes bedingt; ich kann hinter alles zurückfragen. Nichts ist in sich selbst fest und unbeweglich. Die Atomphysik kann über die Materie nur sagen: Die Materie ist nicht, die Materie geschieht.
In Bezug auf das o.g. Strukturgesetz kann es nur folgende Formen der menschlichen Religiosität geben:
1. Verabsolutierung von irgendetwas, hinter das man nicht mehr zurückfragen darf. D.h. wir machen in der eigentlich unabschließbaren Reihe von Ursachen und Wirkungen an einer Stelle halt und erklären diese Ursache als absolut, fragen also nicht mehr weiter zurück. Nach der Bibel ist das Vergötterung der Kreatur statt des Schöpfers. Es geschieht etwa in Religionen, die etwas Geschaffenes als Gott anbeten, aber z.B. auch wenn ein Machthaber als höchste und nicht hinterfragbare Autorität fungiert. Hier haben wir es oft mit religiösen Riten hoher Suggestivkraft zu tun, beispielsweise das Himmelsopfer im chinesischen Kaiserreich.
2. Anbetung des Ganzen (Pantheismus).
3. Versuch, durch Meditation einen Indifferenzzustand zu erreichen (Hinduismus). „All-Eins“: keine Gegensätze. Man sucht Ruhe in einer Ur-Einheit, in der alle Gegensätze ausgelöscht sind. Beispiel: Entweder ist die Skala der Regenbogenfarben da, in der Farbe und Gegenfarbe einander bedingen, oder es ist das Urlicht da, das noch nicht durch das Prisma in die Farben zerlegt ist, der Indifferenz-Zustand, der noch diesseits der Farbgegensätze steht. Im Verhältnis der Polarität sind immer 2 Beziehungen vorhanden:
a) das Verhältnis, in dem die beiden Pole zueinander stehen, die sich gegenseitig bedingen
b) das Verhältnis, in dem auf der einen Seite die polaren Gegensätze stehen, auf der anderen Seite aber der Indifferenz-Zustand, in den die polaren Gegensätze zurückkehren und aus dem sie wieder hervorgehen können wie die Farben, wenn das Licht durch ein Prisma gebrochen wird.
Man postuliert, dass der Gegensatz zwischen Subjekt und Objekt wie auch zwischen Ich und Du aufgehoben ist, und es in Wahrheit nur ein Ich gebe.
Aber auch wer in der Meditation geübt ist, fällt immer wieder in die vielheitliche Welt zurück – er kann sich nicht dauerhaft in dem Indifferenz-Zustand halten.
So verschieden diese Formen der menschlichen Religiosität auch sind, sie alle stehen aus biblischer Sicht unter dem „Gesetz“: sie fordern menschliche Anstrengung. Sie verlangen von uns eine Leistung, und versprechen uns dafür Lohn. Wenn wir zu dieser Anstrengung nicht mehr fähig sind, helfen sie uns nicht weiter.
Die Bibel gibt uns Offenbarung von dem überpolaren Ur-Sein Gottes: Er ist der, der die Polarität erst gesetzt hat; alle Teilräume sind von Ihm geschaffen. Daher ist er nicht räumlich von uns getrennt. Die polare Welt, deren Teil wir sind, steht nicht neben oder außer ihm. Denn sonst würde zwischen ihm und der Welt wieder ein polares Verhältnis entstehen; Gott wäre dann der Gegenpol der Welt.
Unsere Existenz aber ist an die polaren Verhältnisse gebunden, und daher können wir den überpolaren Gott nicht erkennen ohne Offenbarung von Ihm.
„Gott ist der Einzige, der im Vollsinn sagen kann: Ich bin, der ich bin. Denn er ist der einzige, der keines Du bedarf, um Ich zu sein. Alle anderen Wesen werden nur Ich, indem sie für ihn da sind. Gott ist das einzige Subjekt, das nie Objekt werden kann. Daher können wir eigentlich überhaupt nicht über, sondern nur mit ihm reden. Das Gebet ist die einzige Form, in der wir im eigentlichen Sinn über Gott reden, indem wir mit ihm reden. Wenn Gott ist, ist die ganze Zeitform und Raumform, die den Charakter der Unendlichkeit besitzt, etwas Vorletztes. Denn diese Daseinsform ist erst von Gott gesetzt. Es gibt also eine Setzung der ganzen Raumzeitlichkeit aus der Ewigkeit heraus, und ein Zurückgenommenwerden der ganzen Zeitlichkeit in die Ewigkeit. Das wird im NT ausgedrückt mit den beiden Worten archä und telos. Archä bedeutet z.B. in Joh. 1:1 nicht nur den Zeitanfang, sondern den Ursprung und Uranfang, aus dem alles, auch die Zeit selbst, hervorgeht. Und telos bedeutet nicht nur das Zeitende, sondern das Aufgehobenwerden der ganzen Zeitlichkeit in die Ewigkeit (1. Korintherbrief, Kapitel 15 Vers 24, sowie Offenbarung 21:6)
Die ganze Struktur der unendlichen Räume, in denen sich unser Leben und Denken bewegt, ist ein Ausdruck dafür, dass wir von Natur blind sind für Gott. Darum ist uns auch in der Form, in der sich unser Wahrnehmen, Vorstellen und Erkennen vollzieht, unser eigenes wahres Wesen verborgen. Ich erkenne mich selbst nicht, wie ich wirklich bin. Denn ich könnte mich nur erkennen, wenn ich Gott erkennen könnte, auf den ich gegründet bin. Ich erkenne dich nicht, wie du wirklich bist, denn dein Wesen wäre mir nur erschlossen, wenn mir Gott erschlossen wäre, der dich erschaffen hat.
Das Bilderverbot des AT wäre unbegreiflich, wenn uns Gott unmittelbar erschlossen wäre. Aus dem gefallenen Zustand der Welt ergibt sich aber ein Widerstreit zwischen unserem natürlichen Erkenntnisvermögen und dem wahren Sein Gottes. Die Erfahrungsformen, aus denen wir nicht heraustreten können, machen Gott unsichtbar. Diese Anschauungsformen machen etwas möglich, was eigentlich unmöglich sein sollte: Die letzte Wirklichkeit, aus der wir und die ganze Welt jeden Augenblick leben, kann bezweifelt werden.
Wenn Gott ist, haben wir es in allem, was wir denken, erforschen und tun, mit ihm allein zu tun. Er bedingt an jeder Stelle alles, und zwar nicht in der relativen Art und Weise, in der innerweltlich Beziehungen von Ursache und Wirkung bestehen, sondern auf eine absolute Art, die wir mit keiner der uns bekannten Beziehungen vergleichen dürfen. Für diese absolute Art der Verursachung haben wir nur das Wort Schöpfung. Die Trennung zwischen Welt und Gott, Schöpfung und Schöpfer ist keine inhaltliche oder dimensionale Grenze, sie ist umfassender. Alle innerweltliche Erkenntnis verhüllt nur die wahre Wirklichkeit Gottes. Um diese zu finden, braucht es etwas Anderes. Im AT begegnet uns öfter der Ausdruck „das Angesicht Gottes suchen“. Der Zugang zu Gott ist nur im Gebet möglich, in der Zuwendung zu ihm.“
Dass wir von Religion sprechen und uns die Worte Gott oder das Absolute zur Verfügung stehen, heißt noch lange nicht, dass wir überhaupt wissen, worum es bei der Gottesfrage eigentlich geht.
Wir können Gott nicht von uns aus erkennen. Erst wenn uns das klar ist, verstehen wir, dass Gott uns einen Führer schicken musste, der allein uns Aufschluss über Gott geben kann: JESUS!
Band 2: Jesus der Herr
Der Mensch benötigt ein Fundament für sein Denken und Handeln, ist aber absolut unfähig, ein solches Fundament kraft seines Denkens zu finden.
Im allgemeinen versucht der Mensch nun, sein Denken gewissermaßen willkürlich und gewaltsam an einem bestimmten Punkt zu stoppen, das heißt nicht mehr weiter zu fragen. Das bedeutet, dass etwas eigentlich Relatives willkürlich verabsolutiert wird.
Letztlich führt der Mensch dabei jedoch sein Leben selbst: ER entscheidet, ob das als Absolut anerkannte (z. B. eine bestimmte Ethik) auch dann noch „absolut“ ist, wenn es sich nachteilig auswirken würde.
Davon grundsätzlich verschieden ist eine Lebensgestaltung, die nicht selbstbestimmt, sondern von einem Führer bestimmt und verantwortet wird. Letzteres ist die Situation eines Christen (im Gegensatz zu einem Anhänger „christlicher Prinzipien“) – aber auch die eines Anhängers von Diktaturen, z. B. Hitler. Nicht nur Christus, auch der „Antichrist“ in all seinen Erscheinungsformen möchte Herr sein über Menschen.
Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs erlebte die Ideenwelt der Aufklärung und der französischen Revolution einen Bankrott. Gefüllt wurde das entstehende Vakuum durch das Phänomen des „Führers“. Was die Menschen mobilisierte, war nur dieser Führer selbst, nichts (wie z.B. die adlige Abstammung, seine Ideen oder Ideologie, sein Zukunftsprogramm…) was sich von ihm ablösen ließ. Das ist auch bei Jesus so: echte Nachfolge bedeutet, ihm selbst zu vertrauen, nicht einer von ihm propagierten Idee. Und er kann denen die ihm folgen sagen: „Ich habe euch noch viel zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen“. Er sagt nur das, was wir jetzt gerade wissen müssen, um unseren Auftrag zu erfüllen.
Wäre uns, wie der Idealismus glaubte, mit unserer Existenz das Absolute erschlossen, so müssten uns damit auch die anderen Wesen, zu denen wir in der Du-Beziehung stehen können, unmittelbar aufgeschlossen sein. Aber wir können einander fremd sein, einander nicht verstehen, daher auch einander verletzen, und das zeigt, dass Gott uns nicht erschlossen ist. Die Nächstenferne ist nur eine Folge der Gottesferne.
Außerdem müssten wir, wenn uns Gott schon mit unserer Existenz aufgeschlossen wäre, jederzeit aus Gott heraus handeln, als Organe und Werkzeuge des Absoluten. Es könnte dann für uns gar keine Wahl geben, ob unser Handeln im Einklang mit Gott steht soll oder nicht. Es könnte keine Unschlüssigkeit geben. Zwar gibt es in Ausnahmefällen einen „Zustand der Inspiration“ etwa bei Dichtern, aber der Normalzustand ist die Unschlüssigkeit, der Zweifel, und das zeigt unsere Gottesferne und widerlegt den Idealismus.
Alles, was die Menschen als Erklärung dieses abnormen, gottlosen Zustands vorbringen, sind nur Variationen über ein Thema, nämlich: „Die Frau, die du mir zugesellt hast, gab mir von dem Baum, und ich aß“. Zum Beispiel:
Unser Geist ist in einem materiellen Körper eingeschlossen, der ihn wie ein schwerer Ballast niederzieht und den Adlerflug zu Gott verhindert. Also: der materielle Körper, den du mir gegeben hast, hat mich entfremdet und in Gottesferne versinken lassen.
Oder wir sagen: Unsere Seele ist nicht nur vernünftig, sondern auch sinnlich, also: Die Sinnlichkeit, die du meiner Vernunft zugesellt hast, gab mir von dem verbotenen Baum, und ich aß.
Oder (im Hinduismus): Wir sind vom Schleier der Maya umfangen, der uns vortäuscht, wir seien Einzelwesen, die sich in Gier und Hass gegeneinander behaupten müssen, während wir in Wahrheit eins sind mit Atman und Brahman. Also: Die Täuschung meiner Einzelexistenz hat mich geblendet, und ich verlor die Einheit mit dem Allsein.
Oder (in der dialektischen Philosophie Hegels): eine Bejahung kann nur zustande kommen durch die Verneinung der Verneinung, also: Die dialektische Spannung des Weltprozesses, aus der du mich hast hervorgehen lassen, enthielt als notwendige Antithesis die Gottentfremdung.
Die Bibel zeigt uns aber: unsere Gottesferne ist kein Schicksal, wie die obigen Erklärungs- und Entschuldigungsversuche suggerieren, sondern Schuld, für die wir zur Rechenschaft gezogen werden.
Die an Jesus gerichtete Frage „Wann kommt das Reich Gottes“ fragt eigentlich danach, warum wir Gott so fern sind, und wie sich das ändern kann.
Jesus beantwortet diese Frage nicht so, dass er eine Lehre dazu formuliert. Aber man kann an dem was er tat erkennen: er kämpfte nicht gegen ein Schicksal, das die Menschen befallen hat, sondern gegen einen Willen, der sich gegen Gott aufgelehnt hat. Nachdem bei seiner Taufe der Geist über Jesus gekommen war, begann er seine Lebensarbeit, indem er den Kampf gegen Satan, den Todfeind Gottes, aufnahm. Sein Ziel war, in das Haus des Starken einzudringen, ihn zu überwältigen und ihm seinen Raub abzunehmen (Markus-Evangelium, Kapitel 3 Vers 27). Seine Kreuzigung war die letzte furchtbare Entscheidungsschlacht des sein ganzes Leben ausfüllenden Kampfes gegen die satanische Macht, die Gott entthronen will. Und diese Macht kämpft unerbittlich weiter, vgl. Paulus, der von einem Engel Satans geschlagen wurde (2. Korintherbrief, Kapitel 12 Vers 7)
Wie der Wille Gottes, so ist auch der satanische Wille auf überpolare Weise gegenwärtig. Er ist nicht ein fremder Wille, der mich zwingt, sondern er will in meinem Innersten. Was ich aus ihm heraus tue, ist also meine eigenste Schuld.
Jesaja ruft „ich bin unreiner Lippen…“ (Jesaja 6:5), und der Psalmist betet (Psalm 143:2) „Herr, gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht, denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht“, und Paulus schreibt (Römerbrief, Kapitel 5 Vers 10) dass wir zunächst einmal Feinde Gottes sind. Wir sind an einer Empörung beteiligt, die Gott vernichten will.
Zugleich ist aber der Teufel doch nur „Gottes Teufel“ (Luther). Gott handelt in allem – also selbst in Satan und seinen Handlangern. Wenn wir das nicht im Glauben sagen können, ist unser Gottvertrauen in seinen Grundfesten erschüttert.
(Anmerkung GW: Vgl. Hiob. Gott sagt Satan: alles, was sein ist, ist in deiner Hand, aber Hiob sagt: der Herr hat’s genommen, und Gott selbst sagt später zu Hiob: „Du hast mich aufgereizt, ihn zu verderben“. Wer hat hier gehandelt: Gott oder Satan?)
Wir haben hier also zwei für unseren Verstand nicht in Einklang zu bringende „Gesamtweltbilder“: einerseits das des Kampfes: Satan will Gott entthronen, und bei Jesu Kampf am Kreuz ging es wirklich um alles, und andererseits das der Alleinwirksamkeit Gottes: Satan steht nicht auf gleicher Ebene wie Gott, sondern ist sein Geschöpf.
Band 3: Jesus der Weltvollender
Die Bibel zeigt, dass zwei wesentliche Fragen die Menschheitsgeschichte begleiten:
1. die Schuldfrage: Der Mensch ist mit Gott entzweit, hat sich gegen ihn aufgelehnt und deshalb den ewigen Tod verdient.
2. die Machtfrage: Geschieht in dieser Welt der Wille Gottes ?
Wie ist die Allmacht Gottes in Einklang zu bringen mit dem offensichtlich Gottwidrigen, das in dieser Welt geschieht ?
Christus ist der Welterlöser (Schuldfrage) und damit auch (aber noch nicht sichtbar !) der Weltvollender (vgl. Hebr. 9:27f).
Die Zeit der Gemeinde ist die Zeit der schier unerträglichen Spannung zwischen Welterlösung und Weltvollendung.
Wir verstehen das Evangelium nur richtig, wenn wir verstehen, dass die Überwindung Satans nicht etwas ist, was zur Versöhnung hinzukommt. Sondern Versöhnung geschieht gerade in der Überwindung Satans. Denn der Versöhnung bedürfen wir nur weil wir Feinde Gottes sind, als Mitverschworene der satanischen Empörung gegen Gott.
Die Lösung der Schuldfrage wird uns doppelt vermittelt:
a) „jetzt haben wir die Versöhnung empfangen“ (Römer 5:11)
b) der Satan wurde aus der himmlischen Stellung gestürzt und darf nicht mehr verklagen (Offenbarung 12:10)
Und ebenso die Lösung der Machtfrage:
a) wir werden errettet werden (Römer 5:9f)
b) der Satan wird völlig entmachtet (Offenbarung 20)
In der protestantischen Orthodoxie wurde Jesu Tod am Kreuz als Leistung einer vorgeschriebenen Sühne bzw. Bezahlung einer berechenbaren Strafsumme dargestellt, das greift aber zu kurz. Denn am Kreuz geschah tatsächlich die Entscheidungsschlacht des Kampfes zwischen Gott und Satan.
Die Theologie machte aus Gott ein Wesen, auf das wir durch Jesus als unseren Stellvertreter einwirken können, und den wir durch Kenntnis seiner Eigenschaften (Gerechtigkeit und Barmherzigkeit) beeinflussen können. Das passt nicht zu dem, was die Bibel über den Kampf Jesu mit Satan aussagt. Und es verkennt Gottes überpolares Sein, das wir nicht beeinflussen können.
Hinter jeder menschlichen Sünde steht die „satanische Sünde“ als ihr letzter Ursprung und unheimlicher Hintergrund.
Es geht um die Ehre Gottes. Der Ehrenkodex früherer Armeen und das Buschido der japanischen Ritterkaste beinhalten, dass, wenn ein Mensch dem andern die Ehre geraubt hat, die beiden Gegner innerhalb der menschlichen Gemeinschaft nicht mehr nebeneinander weiterleben können. Es muss entweder zu einem Zweikampf mit tödlichem Ausgang kommen, oder einer der Beteiligten muss sich selbst vernichten.
Die Glaubenskraft der Urgemeinde beruhte darauf, dass sie sich nie als ruhende, in sich abgeschlossene Größe ansah, sondern als eine vorübergehende Erscheinung, als Übergang zu etwas anderem, das noch nicht erschienen ist, aber wie eine drohende Wolke über der ganzen Welt liegt. Nur wer die unbedingte Gewissheit hat, dass ihm die Zukunft gehört, kann die gegenwärtige Welt aus den Angeln heben.
Die Gemeinde ist eine Brücke mit zwei Pfeilern, der eine ist das Ergebnis von Golgatha, der zweite die noch ausstehende sichtbare Machtergreifung des Gottessohns.
Wir haben kein echtes Bekenntnis zum Auferstandenen, wenn uns dieses Bekenntnis nicht ganz unmittelbar und selbstverständlich in die Verantwortung für die irdische Wirklichkeit hineinstellt, in der wir nach Gottes Ordnung stehen. Die Auferstehung Jesu schneidet uns jede Flucht ab in geistige und geistliche Überwelten. Wenn uns ein solcher Ausweg offenstünde, hätte es des ganzen gewaltigen Kampfes nicht bedurft, der mit der Auferweckung Christi von den Toten zum Siege kam. Ein solches platonisches Wolkenkuckucksheim gibt es aber nicht. Hier auf dieser Welt entscheidet sich alles. Die Wirklichkeit des Auferstandenen können wir nur erfahren in der Arbeit für die Geschwister, mit denen wir verbunden sind. Wenn wir die Kraft des auferstandenen Christus nicht hier in die Tat umsetzen, leben wir in einem Wahn.
Heim ist darin reformatorischer Theologe, dass er den Inhalt der Heilsgeschichte ganz auf die Frage konzentriert, wie der durch die Schuld mit Gott entzweite Mensch in die Gottesgemeinschaft zurückfindet. Schuld wird dabei einerseits kollektiv als Schicksalsgemeinschaft der Sünder, andererseits und vor allem aber individuell als persönliche Sünde verstanden. In einem für einen Theologen des 20. Jhd singulären Realismus rechnet Heim mit einer satanischen Macht, die das Heilswerk Gottes in Christus zu zerstören trachtet. So sehr es Heim auf die Begegnung des Einzelnen mit Gott in einer unvertretbaren, gewissensmäßigen Verantwortung ankommt, so sehr steht diese Begegnung in der Zerreißprobe zwischen den Machtbereichen der Wirklichkeit des Satans und des Christus.
Aus dem heilsgeschichtlichen Zusammenhang von individueller Sünde und kosmischer Empörung ist deutlich, dass nur Gott, indem er sich im Sohn selbst opferte, die verhängnisvolle Schuldverstrickung lösen kann. Gegen die Tatsache der Schuld, die sich als Faktum vom schuldig gewordenen Individuum ablöst und ihm gegenüber tritt, hilft nur die Wirksamkeit einer anderen perfekten und vollkommenen Tatsache, nämlich die Heilstatsache des stellvertretenden Todes Christi am Kreuz.
Band 4: Der christliche Glauben und die Naturwissenschaft
Mit bestimmten Fortschritten der naturwissenschaftlichen Erkenntnis verband sich teilweise die Vorstellung, der Mensch könne aufgrund einfacher Denkmodelle die Wirklichkeit vollständig erfassen. Es wurde aber gerade in der Naturwissenschaft immer mehr deutlich, dass es keine von dem erkennenden Subjekt losgelöste wissenschaftliche Erkenntnis gibt (Relativität, Unschärferelation). Die Naturwissenschaft löst ein Problem also nicht, nämlich das Geheimnis des erkennenden Subjekts.
Band 5: Die Wandlung im naturwissenschaftlichen Weltbild
Die vermeintlichen Absoluta der Naturwissenschaft erwiesen sich im Lauf der Zeit als relativ:
1. Es gibt kein absolutes Objekt, d. h. wir erkennen niemals das „Ding an sich“.
2. Es gibt keinen absoluten Raum und keine absolute Zeit. (Relativitätstheorie)
3. Es gibt keine absolute Kausalität
Zu 1: Der naive Materialismus, auf dem z.B. der Marxismus beruhte, geht davon aus, dass die Materie die letzte Wirklichkeit ist, aus der heraus alles erklärbar ist. Z.B. meinte Demokrit, die Atome seien unteilbar.
Ein wichtiges Problem der modernen Physik ist die Frage: Ist Licht Welle oder Materie? Je nachdem, wie man das Licht untersucht, kommt man auf beides:
Interferenz –> Welle
Photoeffekt (Elektronen werden auf andere Umlaufbahn gebracht) –> Materie.
Das stürzte die Physik und überhaupt das gesamte naturwissenschaftliche und philosophische Denken in eine Krise unvorstellbaren Ausmaßes. Es zeigte, dass die Grundvoraussetzung aller Naturwissenschaft falsch ist, nämlich, dass es ein absolutes Objekt, ein „Ding an sich“ gibt, das unabhängig von einem beobachtenden Subjekt existiert und gewisse Eigenschaften hat.
Materie ist nicht, Materie geschieht. Man könnte auch sagen, sie lebt.
Im Alten Testament werden Wälder, Berge usw. aufgefordert, Gott zu loben (z.B. Psalm 148:3f).
Dies bedeutet, dass der Glaube an Schöpfung und an Wunder alles andere als „unwissenschaftlich“ ist.
Die Gegenstandswelt ist die Welt des Gewordenseins (was mir gegenständlich gegenübertritt, ist bereits jenseits des feuerflüssigen Zustands des Werdens, die Würfel sind darüber schon gefallen).
Davon abzugrenzen ist die Welt des Werdens. In dieser ringen verschiedene Mächte um die künftige Gestalt der Welt. Dazu gehört es, wenn Jesus z.B. Krankheiten mit seinem Befehlswort austreibt, oder einem Sturm befiehlt aufzuhören.
Band 6: Weltschöpfung und Weltende
Einführung
„Dieses Universum ist eine vorübergehende Erscheinung. Wenn es einen überpolaren Raum gibt, dann kann diese Welt nur eine gefallene Schöpfung sein, die ihren Ursprung im ewigen Sein Gottes hat, deren Gestalt aber durch eine widergöttliche Macht, die in sie eingedrungen ist, mitbestimmt wurde. Christus ist der von Gott gesandte Sieger, der die widergöttliche Macht, die an der Todesgestalt dieser Welt schuldig ist, überwunden hat.“
1.2. Die Schöpfung der Welt nach der Bibel
Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde. Dieser „Anfang“ ist jener Anfangszeitpunkt, an dem die Zeit zu fließen begann. Die Bibel greift also auf einen Urzustand zurück, in dem es die Zeit noch nicht gab. Nur Gott selbst konnte im eigentlichen Sinn des Wortes anfangen. Alles Anfangen innerhalb der polaren Welt ist zugleich immer ein Aufhören des Vorherigen, setzt also die Zeit schon voraus. Psalm 90: „Ehe die Welt geschaffen wurden, BIST du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit.“
Alles, was in der Welt geschieht, geschieht somit einerseits innerhalb des polaren Raums, in dem alle Ursachen und Folgen des Geschehens enthalten sind, andererseits im überpolaren Raum Gottes, wo die ewigen Entscheidungen fallen.
Wenn ich den titanischen Gedanken des deutschen Idealismus, dass ich mich selbst gesetzt habe, ablehne, bleibt nur der Glaube übrig, dass ich ohne mein Zutun an diese Stelle gesetzt worden bin, und zwar von dem ewigen Du, in dessen Gegenwart alle Wesen leben, von dem einen Subjekt, das nie Objekt werden kann.
Die Setzung des Ichpunkts ist ein besonders wichtiges Beispiel dafür, dass innerhalb der Wirklichkeit, der wir angehören, Unterschiede auftreten, die im objektiven Anschauungsraum unsichtbar bleiben und uns nur verständlich sind, weil wir zusammen mit der ganzen Wirklichkeit noch in einem anderen, unanschaulichen Raum leben. „Objektiv“ zeichnet meinen Körper nichts vor einem anderen Körper aus. Aber auf der Ebene der tatsächlichen Existenz natürlich sehr wohl.
Die Berufung Gottes ist kein Zwang, sondern ein Aufruf zur Entscheidung. Der Mensch kann sich entweder Gott hingeben, oder er tut es nicht, dann fällt er tiefer als jedes Tier.
2.1 Die Weltzukunft als naturwissenschaftliche Prognose
Entropie bedingt die Einmaligkeit aller Vorgänge. Nichts läuft immer gleich ab: Jede Schwingung ist gedämpft; jeder Umlauf der Erde um die Sonne ist langsamer als der vorherige, wenn auch nur minimal. Die Entropiezunahme in der Zeit zeigt, dass wir nicht imstande sind, die Objekte der Physik ohne ihre Bezogenheit auf ein Subjekt auch nur zu denken.
2.2 Die Weltzukunft im Licht des biblischen Osterglaubens
Das „Schema dieser Welt“ mit ihrem Leiden und Fressen und Gefressenwerden wird aufhören (1. Korintherbrief, Kapitel 7 Vers 31), dieser Kosmos geht einem TELOS (Ziel, Ende) entgegen. Die jüdischen Apokalyptiker formulierten erstmals die Erwartung, dass ein Olam haba, ein neuer Äon, kommen werde, in dem die ganze derzeitige Daseinsform aufgehoben ist. Die Vergänglichkeit muss vergehen. Wir können uns diesen neuen Äon nicht vorstellen, wir können nur negativ davon reden: „unvergänglich, unbefleckt, unverwelklich“ (1. Petrusbrief 1:4). Entsprechend 1. Korinther 15:42f, 53ff. Das drückt u.a. aus, dass es Zeit in der uns bekannten Form nicht mehr geben wird. Entsprechend unterstreicht 1. Korinther 2:9, dass wir uns davon kein Bild machen können: „Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört und in keines Menschen Herz gekommen ist, das hat Gott denen bereitet, die ihn lieben. (Anmerkung GW: dass in dem künftigen Äon nichts mehr zu finden sein wird, was wir hier kennen, stimmt nicht ganz. Siehe 1. Kor 13 Die Liebe bleibt).
Römerbrief 8:19-22: Die ganze Schöpfung sehnt sich danach, aus der Sklaverei der Vergänglichkeit herauszukommen. Derjenige, der sie der Vergänglichkeit unterworfen hat, kann nicht Gott sein, sondern nur Satan.
Die polare Weltform, in der wir jetzt gefangen sind, gleicht einem undurchsichtigen Vorhang, der uns die überpolare Wirklichkeit Gottes verhüllt. Die Enthüllung (grie Apokalypse) dieser bisher verborgenen Wirklichkeit ist uns verheißen. Das gibt jedem, der dieser kommenden Vollendung gewiss ist, weltüberwindende Kraft, da er weiß: „Ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott. Wenn aber Christus, euer Leben, enthüllt werden wird, werdet auch ihr mit ihm zusammen enthüllt werden in der Herrlichkeit“ (Kol 3:3f).
Im Raum Gottes ist die ganze Wirklichkeit in einer völlig anderen Weise da als im Raum des jetzigen Äons. In Gott gibt es kein Vorher und Nachher. In ihm ist alles, wie Luther sagte, ein ewiger Augenblick. Im Raum Gottes ist auch das Böse und Dämonische da, aber immer schon als überwunden. Die vernichtenden Gewalten, die den glaubenden Menschen bedrängen, sind in der überpolaren Sphäre, in der er lebt, schon besiegt.
Die Auferstehung Jesu hat nach 1. Korinther 15 universale Bedeutung. In der Auferstehung wird unser menschliches Wesen nicht nur einer neuen Wirklichkeit gegenübergestellt sein, sondern auch die subjektiven Organe, die auf die neue Wirklichkeit gerichtet sind, werden ganz neue Organe sein. Uns steht nicht das Nichts bevor, sondern dank Jesu Tod und Auferstehung die universale Verwandlung aller Dinge. Alles Alte wird dann vergangen sein, alles wird neu (Offenbarung 21:4f, 1. Korinther 7:31 „Vorüber geht das Schema dieser Welt“).
1. Könige 19: Elia begegnet Gott nicht in den noch so eindrucksvollen sinnlich wahrnehmbaren Phänomenen, sondern in einer Stille, die nicht von dieser Welt ist. Er kann diese Begegnung nicht mehr anschaulich beschreiben.
Versöhnung und Weltvollendung
Kap 1: Warum Christus?
- Weil wir ohne ihn Gott nicht erkennen und verstehen können. Der menschliche Optimismus, Gott durch unser Denken erkennen zu können, ist verflogen – das schafft eine neuen Offenheit für die Möglichkeit einer Offenbarung „von außen“.
- Weil er die einzige Autorität ist, der wir unser Leben unterstellen können. Unsere Welt ist so kompliziert und konfrontiert uns mit so vielen Entscheidungen, dass kein System von Regeln und Gesetzen uns hier die nötige Orientierung geben könnte. Wir brauchen einen persönlichen Führer, der uns unmittelbar führt.
- Weil er allein uns mit Gott versöhnen kann
Kap 2: Die Gemeinde der Heiligen
Die Gemeinde lebt in dem Zwischenzustand, in dem die Versöhnung der Menschen mit Gott durch Christus schon vollbracht ist, wo Jesus Sünde, Tod und Teufel schon überwunden hat, wo er seinen Sieg aber noch nicht durchsetzt. In dieser Zeit benutzt er aber die Gemeinde als Werkzeug, um in dieser Welt zwar nicht schon seine unumschränkte Herrschaft aufzurichten, wohl aber um Menschen zu verändern und in sein Reich zu bringen.
Wir leben in der Spannung zwischen einerseits der Ohnmacht der Gemeinde, die sich zeigt in:
- Äußerer Machtlosigkeit bzgl. der Machtverhältnisse in dieser Welt
- Mangelnder Erkenntnis, die zu Streit und Spaltungen führt
Und andererseits der Vollmacht der Gemeinde, die die Vergebung der Sünden den Menschen zuspricht, die gerade in der Verfolgung den Beistand und die Leitung durch den Heiligen Geist erfährt, und die vollmächtig beten darf.
Kap 3: Die Herrschaft des Christus
Sie hat 2 Formen:
- Schon jetzt gegenwärtig herrscht er in den Herzen derer, die an ihn glauben. Und diese Herrschaft hat er nicht durch äußere Machtanwendung gewonnen, sondern indem er als das Lamm kam, macht- und wehrlos, als der, der die Menschen in ihrem Gewissen trifft und zur Umkehr bringt.
Die Gemeinde ist das Werkzeug, durch das er heute in dieser Welt wirkt. Ihr mutet er zu, genau wie er zuvor in seinem Erdenleben, sich wehrlos den Angriffen des Feindes auszusetzen, und gerade dadurch Überwinder zu sein.
Auch alle Wunder, die heute schon geschehen, ändern grundsätzlich nichts an dieser Gesamtsituation. Sie sind nur wie ein Wetterleuchten, das andeutet, das später einmal ein heftiges Gewitter kommen wird, sie sind eine kleine Anzahlung, der erst später der volle Kaufpreis folgt. - Er wird kommen als der Herrscher, der aller menschlichen Herrschaft ein Ende macht. Nur in dieser Gewissheit ist es uns möglich, unsere jetzige Machtlosigkeit zu ertragen.
Kapitel 4: Der Kampf gegen den Säkularismus
Moderne Wissenschaft und technischer Fortschritt haben den Säkularismus zwar sehr gefördert, sind aber nicht seine Ursache – es gab ihn schon bei den Griechen und Römern, die über ihre Götter spotteten. Die meisten Religionen setzen eine Identität von Göttern und der Natur voraus, in diesem Kontext kann Säkularismus nicht entstehen. Aber in der Bibel finden wir von vornherein den Gegensatz zwischen Schöpfer und Schöpfung und das Verbot, sich ein Bild von dem Schöpfer aus seiner Schöpfung zu machen. Nur in diesem Kontext ist es möglich, dass die Schöpfung ein Eigenleben gewinnt, und man den Schöpfer ablehnt. Allerdings um den Preis, die eigene Ohnmacht gegenüber der Vergangenheit und Zukunft zu verdrängen, und nur in der Gegenwart zu leben. Dabei sind nun aber die Scheinsicherheiten früherer Zeiten, wie die absolute Gültigkeit der Kausalität, der absolute Raum, die absolute Zeit, durch die Weiterentwicklung der Physik (Relativitätstheorie, Quantenphysik) umgestoßen, damit ist der Säkularismus einer wesentlichen Grundlage beraubt.
Kapitel 5: Jesus als Seelsorger
Charakteristisch ist Jesu Ansatz, Menschen nie zu zwingen. Er fordert sie durch seine Worte in beispielloser Weise heraus, lässt ihnen aber doch die Freiheit: „Wenn mir jemand nachfolgen WILL…“
Kapitel 6: Bilden ungelöste Fragen ein Hindernis für den Glauben?
Es gibt ein intellektuelles Gewissen – es wird verletzt, wenn wir versuchen, kritische Fragen gewaltsam zum Schweigen zu bringen. Aber Gott hat auf uns Berge ungelöster Fragen gelegt, damit jene Gottesmacht in uns geboren würde, die Berge versetzt.
„Die Schuld ist das Ende des Denkens – sie ist wissenschaftlich nicht begreifbar, und doch sehr real.“
„Wäre unser Glaube eine Weltanschauung, so wären ungelöste Fragen tödlich für ihn. Aber wir glauben an einen, der lebt, und keine Argumente können ihn töten, ebenso, wie sie einem Toten kein Leben einhauchen könnten“
Kapitel 8: Zur Frage der Wunderheilungen
„Die Wunder Jesu an Kranken sind nicht eine Durchbrechung der Natur, sondern ein „Binden des Starken“, ein Sieg über die Willensmächte, die hinter dem Leiden der Menschen stehen … die Welt hat eine Innenseite, die der Willenskraft zugänglich ist, und mit dieser Innenwelt der Natur kann man im Glauben ringen.
Der Vergebung der Sünde durch Christus entspricht die Auferstehung von den Toten, die neue Leiblichkeit. Jakobusbrief 5:14ff: Vergebung, innere Heilung, hat hier äußerliche Heilung zur Folge.
Das Weltbild der Zukunft
Im westlichen Denken geht man, anders als im Hinduismus, von einem Gegensatz zwischen der subjektiven Welt jedes einzelnen Menschen und der unerreichbaren objektiven Wirklichkeit aus. Das führte zu Ernüchterung und Denkmüdigkeit: „Wir können sie nie erreichen, die Welt jenseits von uns… Alles wird diesseits, was unser Fuß betritt…“.
Die Frage, inwieweit unsere Erkenntnis übereinstimmt mit dem Original, auf das sie sich bezieht, wurde verschieden beantwortet.
Es gibt keine letzten Einheiten, die sich nicht wieder als Verhältnisse zwischen Einheiten auffassen ließen.
Relativität: je nach Standpunkt kann Gegenstand A links und Gegenstand B rechts von mir sein. Das heißt aber nicht, das man diese Unterscheidung nicht bräuchte, aber sie ist immer nur korrekt im Kontext eines bestimmten Standpunkts, den ich selbst einnehme, also eines Verhältnisses, das ich zu diesen Gegenständen habe.
Energie ist keine Summe, sondern ein Verhältnis – sie zeigt sich nur wenn Unterschiede (etwa der Temperatur, oder Spannung) vorhanden sind, und ein Ausgleich geschieht.